Wir erforschen und entwickeln seit über 25 Jahren Aktivmaterialien für Batterien und Superkondensatoren. Dadurch sind wir sehr erfahren mit der Anpassung von Materialstruktur und Pulvermorphologie im Hinblick auf definierte Funktions- und Verarbeitungseigenschaften. Neben neuen Kathoden- und Anodenmaterialien (wie z. B. optimierten Kohlenstoffmodifikationen, Titanaten und Legierungsanoden) für Lithium-Ionen-Batterien wird intensiv an neuen Elektrolytsystemen mit speziellen Additiven und an Elektrodenmaterialien für zukünftige Batteriesysteme geforscht (z.B. Lithium-Luft oder Magnesium-Luft).
Lithium-Ionen Batterien werden durch ihre hohe Energiedichte als die vielversprechendsten Energiespeicher für den Einsatz in Fahrzeugen mit hybriden oder vollelektrischen Antriebssystemen gesehen. Kommerzielle Lithium-Ionen Batterien verwenden hauptsächlich Speichermaterialien wie LiMn2O4 (LMS), LiNi0.33Mn0.33Co0.33O2 (NMC), LiNi0.80Co0.15Al0.05O2 (NCA) und LiFePO4 (LFP).
Schlüsselfaktoren in der Weiterentwicklung sind Kostenreduktion, Erhöhung der Energiedichte und Sicherheit, Verfügbarkeit der Rohmaterialien und Umweltverträglichkeit. Besonders Kobalt wird als kritisches Rohmaterial hinsichtlich Verfügbarkeit und Kosten eingestuft. Es gibt verschiedene kristallchemische Ansätze die Energiedichte zu erhöhen. Diese nutzen entweder die Erhöhung der Arbeitsspannung oder aber die Steigerung der Kapazität.
Am ZSW wurde ein Material entwickelt, das in der Lage ist, beide Attribute zu nutzen. Das Material ist cobaltfrei, arbeitet auf zwei separaten Spannungsstufen bei 4.7 und 2.9 V vs. Li/Li+ und liefert eine Gesamtkapazität von 210 mAh/g bei guter Stabilität. Um die Spezifikationen gängiger Kathodenmaterialien zu erfüllen wurden Partikelform, Partikelgröße und Partikelverteilung optimiert (s. Bilder). Das Pulver zeigt eine Klopfdichte von 2.4 g/cm3.
Die Synthese neuer chemischer Verbindungen als Aktivmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien und die Herstellung maßgeschneiderter Pulver und Pasten für die Elektrodenbeschichtung gehören zu unseren Kernkompetenzen. Unsere Stärken liegen in einem in über 25 Jahren aufgebautem tiefen Verständnis der Zusammenhänge zwischen Struktur und Pulvermorphologie einerseits und den gewünschten Funktions- und Verarbeitungseigenschaften andererseits.
Zur Entwicklung neuer Materialien für Batterien und Superkondensatoren arbeiten wir mit etablierten sowie mit neuen Methoden. Die Schwerpunkte liegen auf der Optimierung von Pulvermorphologie und Partikelgröße. In unseren Labors verfügen wir über eine kontinuierliche Pulver-Herstellung, von wenigen Gramm bis in den Kilogramm-Maßstab. Darüber hinaus führen wir statistische Versuchsplanungen durch.
Ein weiterer wichtiger Arbeitsschritt können Mahlprozesse sein, da über diese die Morphologie des Materials entscheidend beeinflusst werden kann. Neben diversen Kugelmühlen steht insbesondere eine Multiprozessanlage zur Verfügung, die es erlaubt industrielle Mahlprozesse (wie z.B. Prallmahlen, Gegenstrahlmahlen oder Spiralstrahlmahlen, in Kombination mit Sichtung) im Labormaßstab nachzubilden.
Neben Synthesen von anorganischen Materialien werden auch Synthesen von organischen Materialien für Elektrolyte und Elektroden unter Schutzgas in Schlenk-Technik durchgeführt.
Das elektrochemische Verhalten von Speichermaterialien für Lithium-Ionen Batterien hängt stark von ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrem kristallinem Aufbau ab. Form, Größenverteilung und Oberflächenflächeneigenschaften der mikroskopisch kleinen Speicherpartikel bestimmen in starkem Maße das Verarbeitungsverhalten und damit die Einsetzbarkeit in etablierten technischen Prozessen der Batteriefertigung. In Forschungsprojekten gehört es hier zu unseren Kernaufgaben ein vollständiges Eigenschaftsprofil der Materialien zu erstellen, Einflussfaktoren zu erkennen sowie Struktur-Eigenschaftsbeziehungen abzuleiten und zu verstehen.
Batterien verlieren im Gebrauch fortschreitend Leistung und Speicherfähigkeit. Ursachen für diese Alterungserscheinungen können chemische Korrosionsvorgänge an den Materialien und Komponenten sowie mechanische Degradation sein. Unser Ziel ist es, Alterungseffekte zu untersuchen und zu verstehen und das gewonnene Verständnis direkt in Materialoptimierung und Zellentwicklung rückfließen zu lassen.
Um diese Forschungs- und Entwicklungsaufgaben effizient durchführen zu können sind wir umfassend analytisch ausgestattet. Neben Standardmethoden der chemischen Analyse (ICP-OES), Strukturaufklärung (XRD), Mikroskopie (REM, EDX) und Oberflächenuntersuchung (BET) sind wir auch in der Lage Tiefenprofilanalysen mit hoher Auflösung durchzuführen.
Das Zersetzungsverhaten bei höheren Temperaturen untersuchen wir mit thermoanalytischen Methoden TG/DSC-MS und ARC. Es liefert wertvolle Hinweise zum Sicherheitsverhalten von Materialien und Zellen.
Zur Untersuchung der thermischen Stabilität von Batterien und Batteriematerialien führen wir adiabatische Messungen im Accelerating Rate Calorimetry (ARC) durch. Mit dieser Methode kann die Temperatur des thermischen Durchgehens („Thermal Runaway“) von Batterien sowie exotherme Reaktionen von einzelnen Materialien bestimmt werden. Weiterhin sind zeitgleiche Gasanalysen und Druckmessungen möglich.ARC liefert wertvolle Daten bezüglich der Sicherheitseigenschaften von Lithiumbatterien. So fanden wir beispielsweise in einer ARC-Studie mit kommerziellen 18650-Zellen, dass die Temperatur bei der der Thermal Runaway statt findet stark reduziert wird, wenn sich metallisches Lithium in den Zellen abgeschieden hat.
Kontakt:
Dr. Thomas Waldmann
Telefon: +49 (0)731 95 30 212
E-Mail: thomas.waldmann@zsw-bw.de
Ein zentraler Punkt ist des Weiteren die elektrochemische Charakterisierung von Materialien. Neben galvanostatischen Zyklisiertests, Zyklovoltametrie und Impedanzspektroskopie, kommen weiterführende elektroanalytische Untersuchungen, z.B. auf Basis von voltametrischen Methoden und rotierenden (Ring-)Scheibenelektroden, zum Einsatz.
Während des Ladens und Entladens treten in den Elektroden und Elektrolyten dynamische Änderungen auf. Beispielsweise finden Phasenumwandlungen statt, es bilden sich passivierende Deckschichten aus, oder es kommt zur Zersetzung des Elektrolyten. Um diese Phänomene in situ und operando aufklären zu können, stehen am ZSW mehrere in-situ elektrochemische Methoden, wie in-situ XRD, in-situ FTIR-Spektroskopie, in-situ Raman-Mikroskopie, in-situ Dilatometrie, und in-situ Druckmessungen zur Verfügung. Es werden kontinuierlich weitere Methoden entwickelt.
Die Kombination aus in-situ Untersuchungen an Materialien in Modellzellen und ex-situ Untersuchungen an Materialien aus realen Zellen erlaubt es, ein umfassendes Verständnis für das Zyklisier- und Alterungsverhalten von Elektroden und Elektrolyten zu entwickeln.
Ein wichtiger Aspekt in der Entwicklung von Lithiumbatterien ist die Abscheidung von metallischem Lithium auf Anoden, da dies zu schnellerer Alterung und abnehmender Sicherheit führt. Um zu bestimmen, für welche Zellchemie und für welche Betriebsbedingungen dieses Phänomen auftritt und um es gezielt zu verhindern, wurde in mehrjähriger Arbeit im Fachgebiet ECM am ZSW eine Methode entwickelt, mit der Vollzellen mit Referenzelektroden hergestellt werden können. Dieses Know-how ergänzt unsere Untersuchungen an Alterungsmechanismen mittels Zellöffnungen und Post-Mortem-Analysen.
Geprüft werden können sowohl Elektrodenpaare, die auf unserer Beschichtungsanlage hergestellt werden als auch Elektroden, die aus kommerziellen Lithiumbatterien stammen. Aus Messungen mit Vollzellen mit einer oder mehreren Referenzelektroden (siehe Abbildung) gewinnen wir Informationen über günstige Betriebsfenster sowohl für zu entwickelnde als auch für kommerzielle Lithiumbatterien. So konnten wir beispielsweise ein Ladeverfahren entwickeln, mit dem sich die Lebensdauer von kommerziellen hoch-energie 18650-Zellen stark erhöhen lässt, indem die Abscheidung von metallischem Lithium minimiert wird.