Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist es notwendig, bereits im Anfangsstadium eines neuen Materials dessen Recyclingfähigkeit zu erforschen. Das gilt auch für Photovoltaikmodule aus Perowskit, einer Alternative zum klassischen Silizium-Modul. Wie sich die Dünnschichtsolarmodule nach Ablauf ihrer Lebensdauer wiederverwenden lassen, untersuchen Forschende des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) nun gemeinsam mit zwei Industriepartnern. In vier Schritten wollen die Partner des neuen Projekts „PeroCycle“ ein industrietaugliches Recyclingverfahren für Perowskit-Solarmodule entwickeln. Perowskit ist als Material attraktiv für die Photovoltaik-Industrie: Es erhöht als Tandemmodul mit Silizium sehr deutlich den Wirkungsgrad, lässt sich günstig herstellen und hochskalieren.
Für die Realisierung der ambitionierten Ausbauziele Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energien ist es notwendig, nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu handeln. Das bedeutet, endliche Ressourcen sinnvoll einzusetzen und diese lange zu nutzen. Nach Ablauf der Lebensdauer eines PV-Moduls ist eine hohe Recyclingfähigkeit und Wiederverwendung wichtiger denn je. Dafür setzen sich das ZSW, die Solaveni GmbH aus Bönen und die Solar Materials GmbH aus Magdeburg im neuen Projekt „PeroCycle“ ein. Solaveni bringt Expertise aus der chemischen Aufarbeitung der Perowskit-Materialien ein, während sich Solar Materials auf die rein physikalische Auftrennung von Verbundmaterialien ohne den Einsatz von Chemikalien spezialisiert hat. Am ZSW können die Forschenden auf über 30 Jahre Erfahrung mit Dünnschichtsolarmodulen und über zehn Jahre Materialforschung zu Perowskit-Solarzellen und -modulen zurückgreifen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Verbundprojekt.
Perowskit-Module recyclingfähig machen
Ziel des Forscherteams ist es, ein industrielles Recyclingverfahren zu entwickeln, um die optimale Verwertung der Module nach Erreichen der Lebensdauer zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden am ZSW im ersten Schritt Perowskit-Minimodule hergestellt und verkapselt.
ZSW-Mitarbeiterin Dr. Cordula Wessendorf sagt zum PeroCycle-Projekt: „Mit den stark steigenden Installationszahlen von PV-Modulen muss das Thema Recycling immer mit betrachtet werden, insbesondere auch frühzeitig für neue Technologien, wie hier den Perowskit-Solarmodulen.“
Die Thermomechanik verhilft zur sauberen Auftrennung
Im zweiten Schritt erfolgt die Auftrennung der verkapselten Perowskit-Module beim Industriepartner Solar Materials mittels thermomechanischer Verfahren. Dabei wird getestet, ob der Glas-Polymer-Verbund und damit das Glas als Ganzes effektiv vom Perowskit-Absorbermaterial getrennt werden kann. Im Gegensatz zum gängigen Schreddern findet bei diesem Verfahren keine Vermischung mit anderen Materialien statt. Das Glas lässt sich daher erneut zu Behälterglas verarbeiten. Das Perowskit-Absorbermaterial wird sortenrein eingesammelt.
Recyclingverfahren mit umweltfreundlichen statt toxischen Lösungsmitteln
Nach der Trennung der Materialien erfolgt Schritt drei: die Entwicklung und Optimierung eines Perowskit-Recyclingverfahrens bei Solaveni. Für den Recyclingprozess werden selbstentwickelte, nicht brennbare, kostengünstige und umweltfreundliche Lösungsmittelsysteme eingesetzt, die toxische Lösungsmittel entbehrlich machen. Auf den Einsatz von extremen Bedingungen, wie beispielsweise hohe Temperaturen, wird verzichtet. Der neue Ansatz reduziert Energieverbrauch und Abfall und ermöglicht es so, Kosten und Umweltauswirkungen zu minimieren. Das zukünftige Recyclingverfahren umfasst chemische und physikalische Bearbeitungsverfahren. Sie haben das Ziel, mindestens 90 Prozent des Materials Perowskit mit einer Reinheit von 99 Prozent zurückzugewinnen.
Recycelte Materialien für neue Module einsetzen
Im vierten und letzten Schritt wird aus den gewonnenen Materialien am ZSW ein neues Perowskit-Modul hergestellt. Dazu werden das recycelte Perowskit-Absorbermaterial sowie die recycelten mit durchsichtigen Kontakten beschichteten Gläser verwendet. Die Forschenden im Materiallabor streben an, aus den recycelten Materialien mindestens 90 Prozent des Wirkungsgrades der frisch hergestellten Referenzproben zu erreichen.
Recyclingoptionen auch für bereits marktgängige PV-Module in Deutschland verbessern
Im Vorgängerprojekt „RePotPV“ hat das ZSW gemeinsam mit dem Fraunhofer IBP und in Abstimmung mit den Mitgliedern der PVPS Task 12 bei der Internationalen Energie Agentur (IEA) im März diesen Jahres einen Bericht zum aktuellen Stand des Recyclings von PV-Modulen in Deutschland veröffentlicht. Aufgrund der hohen Ausbaugeschwindigkeit von Photovoltaikanlagen wird es zunehmend wichtiger, das End-of-Life-Management effizient und industrietauglich zu gestalten. Da Deutschland eines der ersten Länder war, das in großem Maßstab Photovoltaikanlagen installiert hat, ereilt uns auch die Herausforderung früher, Recyclingmöglichkeiten für Photovoltaikmodule zu entwickeln und anzuwenden. Um auch bei neuen PV-Technologien international wettbewerbsfähig zu bleiben, soll mithilfe neuer Verfahren das Recycling von PV-Modulen bereits von Anfang an mitgedacht und industrietauglich gemacht werden.
Der Bericht zum aktuellen Stand des PV-Recyclings in Deutschland ist hier zu finden: https://iea-pvps.org/key-topics/status-of-pv-module-take-back-and-recycling-in-germany/
Die neuesten Entwicklungen aus dem PV-Recycling stellt das ZSW beim PV-Recycling-Workshop am 14. und 15. Oktober 2024 in Stuttgart vor. Neben wissenschaftlichen Vorträgen und einer Führung durch das ZSW-Labor können die Teilnehmenden mit Akteuren aus der Industrie und Forschung ins Gespräch kommen. Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es online unter: https://www.zsw-bw.de/mediathek/veranstaltungen/detailansicht/news/detail/News/pv-recycling-workshop-am-zsw.html