Der prozentuale Anstieg des Erneuerbaren-Anteils ist allerdings zum Teil auch auf den krisenbedingt gesunkenen Stromverbrauch zurückzuführen. Dieser lag im ersten Quartal gut sechs Prozent unter dem des Vorjahreszeitraums. Da die Erneuerbaren-Quote als Anteil am Stromverbrauch bemessen wird, erhöht ein niedrigerer Verbrauch die Quote und umgekehrt.
„Egal, ob für Energiewende, Wärmewende, Verkehrswende oder Wasserstoffhochlauf: Um die Klimaziele zu erreichen, brauchen wir noch viel mehr grünen Strom als wir heute haben“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Die Bundesregierung hat hierzu bereits einige Maßnahmen angestoßen. Nun geht es um die Umsetzung – zum Beispiel von schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren. Hierzu brauchen wir eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube. Gleichzeitig müssen wir den Netzaus- und -umbau vorantreiben, einen Markt für Wasserstoff schaffen und die Weichen für ein Marktdesign stellen, in dem sich auch Investitionen in steuerbare Stromerzeugungskapazitäten lohnen. So kann die Energiewende zum Erfolg werden.“
„Auf dem Offshore-Gipfel von acht Nordseeanrainerstaaten am 24.April wurde das Ziel formuliert, 120 GW Offshore-Kapazität bis 2030 in der Nordsee zu errichten. Ein hoffentlich beispielgebender Ansatz, um länderübergreifend die erforderliche Dynamik beim Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung in Europa zu entwickeln“, so Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg. „Allerdings reicht dies allein nicht aus. Gerade für eine erfolgreiche Umsetzung brauchen wir dringend auch den Aufbau heimischer Produktionskapazitäten in der Industrie für die Schlüsseltechnologien der Energiewende in Europa – allen voran Photovoltaik, Windenergie, Batterie- und Wasserstofftechnologien. Hierzu müssen wir gezielt den EU Net Zero Industry Act nutzen, um strategisch Wertschöpfungsstrukturen in Europa auf- und Lieferabhängigkeiten abzubauen.
Die Erzeugungszahlen im Einzelnen
Im ersten Quartal 2023 lag die Bruttostromerzeugung bei 148 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) – acht Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (1. Quartal 2022: 161 Mrd. kWh). Dem stand ein Bruttostromverbrauch von rund 138 Mrd. kWh gegenüber (1. Quartal 2022: 148 Mrd. kWh). Insgesamt wurden rund 69 Mrd. kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt (1. Quartal 2022: 73 Mrd. kWh). Davon stammten gut 38 Mrd. kWh aus Wind an Land, knapp 8 Mrd. kWh aus Photovoltaik, gut 11 Mrd. kWh aus Biomasse, 7 Mrd. kWh aus Wind auf See und 4 Mrd. kWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden 78 Mrd. kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es 88 Mrd. kWh.
Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten
Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch im ersten Quartal 2023 beträgt rund 50 Prozent. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil erneuerbarer Energien im ersten Quartal 2023 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt rund 47 Prozent.