Künstliche Intelligenz kommt besonders in der Energiewendebranche immer häufiger zum Einsatz. Selbstlernende Verfahren helfen beispielsweise dabei, die Wind- und Solareinspeisung besser vorherzusagen oder Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellen, Batterien und e-Fuels zu optimieren. Damit kleine und mittelständische Unternehmen nicht von den Großen der Branche abgehängt werden, brauchen sie zukunftsfähige Technologien. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat deshalb eine Innovationsplattform entwickelt, auf der Firmen selbst testen können, wie sie mit Künstlicher Intelligenz (KI) ihre Prozesse von der Produktentwicklung bis zum Geschäftsbetrieb zukunftstauglich und wirtschaftlich tragfähiger machen. Ideen und Konzepte dafür entwickelte das ZSW im Rahmen des „KI-Lab für Erneuerbare Energien“, das vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium finanziell gefördert wurde.
„Unsere KI-Plattform deckt ein breites Anwendungsspektrum ab: Ob neue Technologien für die Energiewende, ob klimaneutrale Produktionsprozesse oder Anwendungen – dafür steht unsere Innovationsplattform. Kleine und mittlere Unternehmen – und vor allem Startups – entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bereich der Erneuerbaren Energien können davon profitieren“, erklärt Anton Kaifel, Teamleiter des Bereichs KI und Maschinelles Lernen am ZSW.
Erst testen, dann entscheiden
Die Nutzung des ZSW-Services ist einfach: Firmen registrieren sich auf der Website, laden ihre Daten in einem geschützten Datenraum hoch und können Software und Infrastruktur nutzen, um selbständig KI-Modelle mit ihren Daten zu trainieren. „Somit haben die Unternehmen eine sehr niedrige Einstiegsschwelle und können mit unserem KI-PlayGround-Tool testen, ob und wie Künstliche Intelligenz in ihr Unternehmen integrierbar ist und ob es sich für sie lohnt – also Test-Before-Invest“, erläutert Dr. Frank Sehnke, Data-Scientist für KI am ZSW. Die Anforderungen und Bedürfnisse der Unternehmen kennen er und das zehnköpfige KI-Forschungsteam am ZSW ganz genau. Erfahrungen sammelten sie im „KI-Lab für Erneuerbare Energien (KILEE)“, bei dem Firmen mit KI-Methoden Produktionsprozesse optimieren sowie neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln konnten. Das Projekt startete im April 2020 und wurde jetzt erfolgreich beendet. „Durch das KI-Lab und andere Forschungsvorhaben ist der technologische Reifegrad unserer Plattform sehr hoch. Mit den Maschinellen Lernverfahren können Produkte, Prozesse und Dienstleistungen verbessert und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Dies geschieht unter Einsatz von vorhandenen oder fortlaufend erhobenen Daten“, so Frank Sehnke.
Mehrere Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen im Südwesten waren bei dem regionalen KI-Labor dabei, darunter Wetter- und Energieprognosedienstleister und Unternehmen aus der Wind- und Solarindustrie. Auch das Freiburger High-Tech-Startup greenventory, das auf softwaregestützte Lösungen für die Inventarisierung und Analyse verteilter Energiesysteme spezialisiert ist, profitiert von den maßgeschneiderten Angeboten aus dem ZSW-Digitallabor. „Für uns als junges Start-up Unternehmen in der Energiebranche war und ist das KI-Lab eine sehr große Hilfe. Die Experten des ZSW haben uns konkrete Einsatzmöglichkeiten von KI und beispielhafte Anwendungen mit unseren Daten aufgezeigt. Dass jetzt aus dem Labor eine KI-Plattform hervorgegangen ist, finde ich sehr gut. Das enorme Potenzial, das die KI-Technologie bietet, sollten alle nutzen können. Die Plattform bietet einen niederschwelligen Zugang für den Einsatz von KI im eigenen Unternehmen“, so greenventory-Mitgründer Dr. Kai Mainzer.
Analysetool für Firmen bundesweit
Während beim KI-Lab der Fokus auf Unternehmen aus dem Südwesten lag, steht die Plattform mit ihrem Analysetool nun Firmen aus ganz Deutschland zur Verfügung. „Wir wollen den Unternehmen mit unserem digitalen Dienst Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem wir ihnen zu größerer Effektivität, Effizienz und Agilität verhelfen. Die dynamische Entwicklung des Markts erfordert Flexibilität und eine KI-Lösung, die neue Geschäftsmodelle unterstützt“, so Anton Kaifel.
Unternehmen, die sich auf der Plattform anmelden, durchlaufen einen Prozess. Zunächst können Einsatzgebiete von KI im jeweiligen Unternehmen bestimmt werden. Daraus wird ein KI-Readiness-Level festgelegt und die weiteren Schritte diskutiert. Anschließend werden in einer Proof-of-Concept (PoC)-Anwendung mit KI die Daten geprüft und erste KI-Modelle mit Hilfe der Plattform entwickelt. Tutorials geben Hinweise in der Handhabung der KI-Plattform. Sollen KI-Modelle auf Basis eines PoC bei den Firmen zur Prozessoptierung für die Überwachung und vorausschauende Wartung von Anlagen oder für neue Dienstleistungen und Produkte eingesetzt werden, unterstützt das ZSW die Unternehmen, um individuelle Anwendungen und Software zu entwickeln. Damit sind Firmen in der Lage, die Zeithorizonte für neue Entwicklungen wesentlich zu verkürzen sowie ihre Produkte und Dienstleistungen früher in den Markt einzuführen.
Das ZSW will mit der KI-Plattform vor allem die Schnittstellen zwischen Digital- und Energiewirtschaft, zwischen Startups und etablierten Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bereich Erneuerbare Energien effektiv nutzen, da KI in diesem Bereich große Innovationskraft besitzt. „Eine Studie, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass Unternehmen, die Künstliche Intelligenz einsetzen, bei gleichem Umsatz einen höheren Gewinn erzielen und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Durch KI sind Unternehmen eher in der Lage, Innovationen hervorzubringen und Meilensteine zu setzen“, so das Fazit von Anton Kaifel.
Zur ZSW KI-Plattform gelangt man über https://kilab-ee.zsw-bw.de